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Meine Lieblingszitate und wie ich sie therapeutisch nutze

Lieblingszitate und wie ich sie therapeutisch nutze

In meiner täglichen therapeutischen Arbeit nutze ich häufig Metaphern, Symbole, Märchen und Geschichten. Aber auch Zitate, Sprüche und Sprichworte gebe ich meinen Klienten gerne mit. Manchmal innerhalb der Hypnose als Suggestion oder posthypnotische Suggestion. Manchmal auch, um bewusst damit zu arbeiten. In diesem Artikel habe ich ein paar meiner Lieblingszitate aufgelistet und erkläre, wann und wie ich sie im therapeutischen Kontext nutze. 

"Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das große vergebens warten" (Pearl S. Buck)

Die 1973 verstorbene Schriftstellerin und Trägerin des Literaturnobelpreises Pearl Buck liefert mir mit diesem Zitat die Vorlage, um mit meinen Klienten über Achtsamkeit zu reden. Oft sind die Ziele der Menschen, die zu mir in die Praxis kommen, sehr groß. Sehr weit entfernt. Es kann vorkommen, dass sie ins Lamentieren darüber verfallen, das große Ziel immer noch nicht erreicht zu haben. Es einfach nicht zu schaffen, x zu sein oder y zu können. Anhand dieses Zitats betrachte ich gerne das bisher Erreichte. Und mache sensibel dafür, durch achtsames Hinsehen, Hinhören und Hinspüren das zu entdecken, was im Alltag gut läuft. Gerne lasse ich auch ein Glückstagebuch anlegen. Klienten sollen hineinschreiben, was ihnen heute Positives widerfahren ist. Welchen kleinen Fortschritt in puncto Ziel sie heute gemacht haben. Wofür sie dankbar sind. Worauf sie stolz sind. 

"Die einzigen Diebe, die in unserer Gesellschaft nicht bestraft werden, sind Zeitdiebe" (Napoleon Bonaparte)

Ein Klient hatte eine Hausaufgabe. Er kommt und sagt: "Tut mir leid, aber dafür hatte ich einfach keine Zeit." Und ich merke: er hat nicht nur keine Zeit, sich mit sich zu beschäftigen, sondern er nimmt sich auch keine Zeit für Entspannung. Für Schönes. Für Dinge, die ihm gut tun. Dann komme ich mit diesem Zitat des französischen Kaisers um die Ecke. Darauf folgt eine Arbeit zum Thema: Was sind meine Zeitdiebe im Leben, im Alltag? Was raubt mir die Möglichkeit oder vielmehr: wovon lasse ich mir die Möglichkeit rauben, mir etwas Gutes zu tun. Praktisch an dieser Stelle ist auch ein Tortendiagramm zeichnen zu lassen um dann zu veranschaulichen, wieviel Prozent der Zeit wofür drauf geht. Erst den Ist-Zustand. Erstaunliche Erkenntnis bei den meisten: Mehr als 100 Prozent gibt es nicht, auch wenn da noch so viele andere Aufgaben oder schöne Dinge nicht im Diagramm enthalten sind. Dann kommt das Diagramm für den Wunsch-Zustand. Und wie kommt man nun von A nach B? Dieses Zitat eignet sich auch ganz wunderbar für gestresste Menschen, die drohen ins Burnout zu rutschen oder schon hineingerutscht sind. 

"Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen" (Johann Wolfgang v. Goethe)

Manche Klienten haben das Gefühl, dass egal was sie anpacken, immer irgendwelche Prügel zwischen die Beine geworfen werden. Dass es immer Hindernisse gibt, die sie dazu zwingen, Umwege zu gehen oder viel Energie aufzuwenden, um weiter zu kommen. In Hypnose bringe ich gerne dieses Goethe-Zitat. Unser Unterbewusstsein liebt bekanntlich Bilder. Ich lasse die aktuellen Hindernisse aus Steinen visualisieren. Mit Hilfe kreativer, unbewusster Ideen (Vielleicht weiß der Weise Ratgeber etwas oder es gibt einen Helfer.) darf nun aus dem Hinderlichen etwas gebaut werden. Etwas Neues, Schönes, vielleicht sogar Hilfreiches. Erneuern. Verwandeln. Reframen. Das ist hier das Ziel. 

"Halte Dir jeden Tag 30 Minuten für Deine Sorgen frei und in dieser Zeit mache ein Nickerchen" (Abraham Lincoln)

Diesen Spruch klebe ich ganz gerne an meine Praxistür wenn ich Urlaub habe. Mit ihm möchte ich immer bewusst machen, dass in Sorgen aufzugehen kein Schicksal ist, sondern dass ein Klient auch einen freien, bewussten Willen hat, mit dem er steuern kann, was er tut. Setze ich mich hin, starre ins Leere und grüble über meiner Tasse Kaffee oder widme ich mich aktiv dem Journaling oder Kreuzworträtseln? Bleibe ich zu Hause, igle mich ein und ziehe die Decke über den Kopf? Oder hole ich mir Hilfe, lenke mich ab und versuche durch zum Beispiel Sport Glückshormone zu erzeugen.

 

Meistens erkläre ich im Gepäck auch noch ein verhaltenstherapeutisches Modell. Wir erleben eine Situation, bewerten sie in einer bestimmten Art und Weise. Auf Grund dessen fühlen wir uns irgendwie und verhalten uns auf eine Art. Verändern wir die Bewertung der Situation, wird sich auch unsere Emotion und unsere Reaktion verändern. Ein Beispiel: Anita sieht eine Spinne. Sie denkt: "Igitt, wie eklig, die ist bestimmt gefährlich." Daraufhin hat sie Angst und rennt panisch ins Freie. Würde Anita denken: "Eine Spinne, och, wie niedlich. Die Arme ist ja hier eingesperrt", würde sie Mitleid bekommen und als Tierschützerin das Tierchen mit Hilfe eines Glases ins Freie setzen. Got the point? Natürlich ist mir bewusst, dass es so ausgeprägte psychische Störungen gibt, wo das obig Gesagte gerade nicht geht. Aber die kommen meist auch nicht in die ambulante Praxis. 

"Es genügt nicht, zum Meer zu kommen, um Fische zu fangen. Man muss auch ein Netz mitbringen" (Chinesische Weisheit)

Eine Klientin will abnehmen. Sie hat wirklich hohen Leidensdruck. Ist motiviert. Möchte etwas ändern. Auf die Frage hin, was sie bisher schon versucht hat, wird sie still. Es reicht nicht, eine Absicht zu haben. Es reicht nicht, ein großes Ziel vor Augen zu haben. Und - auch wenn ich mich jetzt bei dem ein oder anderen unbeliebt mache - es reicht nicht zu manifestieren und abzuwarten. Es braucht auch das Werkzeug und vor allem die Anwendung des Werkzeugs. Ohne aktiv zu werden, tut sich nix. Ein anderer Spruch, den ich dazu gerne bemühe: "Wasch mich, aber mach mich nicht nass" gibt es bei mir nicht. Bereits im Erstgespräch ist unsere Aufgabe als Coaches und Therapeuten herauszufinden, welches Netz, sprich, welche Technik für den Klienten geeignet ist, um das Ziel schonend, mit geringem Zeiteinsatz und nachhaltig zu erreichen. Auch als bekennende Hypnotherapeutin ist das Netz nicht immer Hypnose (allein). 

"Carpe diem" (Horaz)

Pflücke den Tag heißt es eigentlich in der Original-Übersetzung. Nutze den Tag heißt es oft in den allgemeinen Sprachgebrauch überführt. Gerne nutze ich dieses Zitat als posthypnotische Suggestion kurz vor der Ausleitung. Gerade wenn vorher in der Arbeit viel aufgelöst wurde oder wenn es viel Veränderung gab. Da sage ich gerne so etwas Ähnliches wie: "Jetzt darf etwas Neues Einzug halten. Sei gespannt, was da schon morgen kommt. Was sich an reifen Früchten morgen vom Baum pflücken lässt. Was Du ernten darfst. Was Du wahrnehmen kannst an schönen Dingen, die Du vielleicht vorher gar nicht gesehen hättest."

"Das Unbewusste ist viel moralischer, als das Bewusste wahrhaben will" (Sigmund Freud)

Dieses Zitat des Psychoanalytikers Sigmund Freud benutze ich immer im Rahmen von Aufklärungen rund um Hypnose, wenn große Skepsis besteht. Manchmal kommen Fragen auf wie "Tue ich dann einfach, was Sie mir sagen? Habe ich dann noch einen eigenen Willen oder bin ich wie ferngesteuert?" Ich erkläre dann, dass alles an Werten und Moral auch in Trance weiter gilt. Bringe dann das Zitat ein. Ja, dass sogar das Unbewusste oft noch viel moralischer ist, als uns bewusst klar ist. Dass sich der Klient keine Sorgen machen muss, weil die Hypnose jederzeit selbstständig beendet werden könnte. Und selbst wenn nicht, das eigene Unterbewusstsein, die eigene innere Weisheit ganz genau weiß, was es annimmt und was gut für die Person ist und was nicht. 

"Ein Genie macht keine Fehler. Seine Irrtümer sind Tore zu neuen Entdeckungen" (James Joyce)

Oft kommen Klienten mit dem Gefühl, in ihrem Leben ständig Fehler begangen zu haben. Falsche Entscheidungen getroffen zu haben. Und meistens im Gepäck ist der Satz "Hätte ich doch..." oder "Wenn ich bloß...". In manchen Fällen - wenn die Beziehung zum Klienten stimmt - passt es flapsig zu sagen: "Wenn der Hund nicht gekackt hätte, hätte er den Hasen gefangen." oder "Hätte, hätte, Fahrradkette". Viel schöner ist aber zu sagen: Lassen Sie uns mal mit diesem Fehler-Thema in Hypnose gehen. Und dann gestaltest Du eine Trance mit folgendem Bild. Die angebliche Fehlentscheidung x. Der Klient fliegt im Sinne regressiver Arbeit noch einmal dort hin, wo er entschieden hat. Dann kommt das Zitat. Ich eröffne die Möglichkeit, den vermeintlichen Fehler einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Welcher Weg hat sich nach der Entscheidung geöffnet? Durch welche Tür konnte der Klient gehen? Was ist durch die Entscheidung möglich geworden? Was weiß er seither - über sich/über die Welt und wie hilft ihm das im aktuellen Leben oder mit zukünftigen Entscheidungen? Klassisches Reframing anhand eines neuen inneren Bildes. Probier es mal aus und berichte mir gerne über Deine Erfahrungen.  

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Kommentare: 2
  • #1

    Christine Collet (Mittwoch, 25 September 2024 17:33)

    Danke für diese Inspiration, liebe Julia. Die Verknüpfung mit Zitaten unterstützt super, um etwas im Gedächtnis zu behalten, finde ich.

    Herzlich, Chris

  • #2

    Julia Georgi Hypnose Fortbildung (Mittwoch, 25 September 2024 17:53)

    Liebe Chris. Ja genau so ist es. Unser Hirn und unser Unterbewusstsein lieben Bilder. Schön, wenn ich Dich inspirieren konnte. Herzliche Grüße Julia