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Black Friday, Adventskalender und Co: Sinn und Unsinn von Aktionsmarketing für Coaches und Therapeuten

Black Friday und Co: Sinn und Unsinn von Aktionsmarketing für Coaches und Therapeuten

Emails fluten gerade wieder den Posteingang. Black Week, Cybermonday, Adventskalender, Rauhnächte-Aktionen und so weiter versprechen Rabatte, besondere Zugaben bei Produktkauf oder gar komplett kostenfreie Leistungen. Natürlich fragt man sich da als Coach oder Therapeut, ob man nicht auch das tun soll was der Handel vorlebt. Aber welche Art von Aktionsmarketing darf man rechtlich als Coach oder Therapeut überhaupt umsetzen, was ist die absolute Todsünde und was macht wirklich Sinn - all das liest Du in diesem Artikel. 

Die Inhalte dieses Blogartikels

1. Rechtliche Voraussetzungen oder: Darf ich als Coach / Therapeut eigentlich Werbung machen?

Falls Du schon bei dem Wort „rechtlich“ mit Deiner Aufmerksamkeit abdriftest – bleib dabei. Ich versuche, die trockenen Infos mit Beispielen anschaulich zu machen. Trotzdem der Hinweis: ich bin keine Juristin. Im Einzelfall hol Dir bitte anwaltliche Beratung an. 

1.1   Das Heilmittelwerbegesetz (HWG)

Das Heilmittelwerbegesetz gilt für Dich, wenn Du in einem Heilberuf tätig bist – egal ob als Arzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker, Physiotherapeut oder Ähnliches. Es regelt sowohl das Thema Werbung in Fachkreisen als auch das Thema Werbung gegenüber dem breiten allgemeinen Publikum.

 

Wohl wichtigste Botschaft ist: gib niemals Heilversprechen. Es ist also nicht erlaubt zu proklamieren, dass eine Behandlung ein Symptom heilt. Ja noch nicht einmal, dass mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie die gesundheitliche Lage verbessert.

 

Nicht-wissenschaftliche Gutachten dürfen nicht als Beweise für Wirksamkeit herangezogen werden. Ich könnte ja die Idee haben, zehn Klienten zu befragen, ob sie seit der Hypnose noch Angst vor Spinnen haben.  Nehmen wir an, neun sagen: Spinnen sind mir jetzt egal. Ich darf nicht in die Zeitung drucken lassen: Hypnose befreit neun von zehn Klienten von ihrer Spinnenphobie.

 

Auch spannend: es ist verboten, Fallgeschichten darzustellen, wenn sie durch ihre ausführliche Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten. Und es ist nicht erlaubt, Werbevorträge zu halten, mit denen das Einsammeln von Anschriften verbunden ist.

 

Dazu kommt, dass sich Werbung auch nicht hauptsächlich an Kinder unter 14 Jahren richten darf.

 

Was sich von selbst verstehen sollte: Werbung darf nicht täuschen, irreführen oder Produkte ohne Wirkung anpreisen. 

1.2 Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Das UWG soll sowohl die Verbraucher als auch die Mitbewerber und die Allgemeinheit vor ungerechter Wettbewerbsverzerrung bewahren. §3 definiert zunächst einmal, dass geschäftliche Handlungen dann unlauter sind, wenn „sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.“ 

 

Im § 4 geht es um Mitbewerberschutz. Ich darf also nicht sagen: „Therapeut x macht schlechte Psychotherapie“ und darf auch Kollegen nicht gezielt in der Ausübung ihrer Tätigkeit behindern. Ebenso verboten sind aggressive geschäftliche Handlungen 

• also einem Mitbewerber zu drohen („Schließ Deine Praxis, sonst wirst Du mich kennenlernen“)

• ihn in eine Entscheidung hineinzudrängen („Ich werde so viel Geld in Marketing stecken und meine Praxis so groß machen, dass Du überhaupt keine Chance mehr hast. Gib lieber gleich auf.“), die ihm schadet oder 

• bewusst Unglückssituationen auszunutzen („Ja ich weiß, Burnout, schlimm. Ich habe gerade jemanden angestellt – kann ja Deine Klienten übernehmen.“) 

 

§ 5 widmet sich den irreführenden geschäftlichen Handlungen. Irreführend ist, wenn ich behaupte, dass mein Produkt oder meine Leistung etwas kann, was gar nicht stimmt („Nie wieder Kopfschmerzen nach meiner Hypnose“). Oder wenn ich einen Preisvorteil in den Raum stelle, der gar nicht existiert. Irreführung ist auch, wenn ich wesentliche Informationen unterschlage (zum Beispiel über die Dienstleistung selbst, über Widerrufsmöglichkeiten oder Zahlungsbedingungen). 

 

Außerdem ist vergleichende Werbung laut §6 verboten. Ich darf zum Beispiel keine Zeitungsannonce mit dem Titel „Hypnose wirkt viel besser als Verhaltenstherapie – komm in meine Praxis“ aufgeben. 

 

§7 verbietet unzumutbare Belästigungen, das heißt ich kann nicht einfach bei einem Fremden anrufen und für meine Praxis werben.

1.3   Das Telemediengesetz (TMG)

Das TMG ist dann für Dich relevant, wenn Du „eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithältst oder den Zugang zur Nutzung vermittelst“ – was Du ja immer dann tust, wenn Du zum Beispiel eine Audiodatei auf Deine Website hochlädst. Oder sich jemand ein Bild auf Social Media ansehen kann.

 

Besonders relevant wird das Telemediengesetz für Dich, wenn Du „kommerzielle Kommunikation“ betreibst, sprich wenn das Ziel Deiner Kommunikation ist, etwas zu verkaufen. Das Gesetz regelt zum Beispiel, welche Informationen Du über Dich als Anbieter geben musst. Weiterhin legt es fest, was klar kommuniziert werden muss, wenn es um Rabatte, Zugaben oder Preisausschreiben geht. 

1.4   Die Muster-Berufsordnung der Psychotherapeutenkammer (MBO)

Bist Du als Psychotherapeut tätig, gilt für Dich die Berufsordnung der jeweiligen Psychotherapeutenkammer Deines Bundeslandes. Übergeordnet gibt es für ganz Deutschland eine Muster-Berufsordnung. Darin steht ganz klar, dass es erlaubt ist, auf die eigene Tätigkeit „werbend hinzuweisen“ (§23). Jedoch muss sich „Form und Inhalt auf die sachliche Vermittlung des beruflichen Angebots beschränken. Anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung ist unzulässig.“

 

 

Es wäre also möglich eine Zeitungsannonce zu schalten mit „Petra Mustermann – Verhaltenstherapeutin – Adresse - Praxis-Öffnungszeiten: xyz – Termine bitte telefonisch vereinbaren unter…“ Nicht erlaubt wäre hingegen „Ciao Burnout – in zwei Wochen Burnout erfolgreich hinter sich lassen.“

Wenn Du als Coach tätig bist, unterliegst Du weniger Einschränkungen. Das wird alleine dadurch klar, dass der Begriff „Coach“ nicht gesetzlich geschützt ist und keine Anforderungen an das Führen dieser Berufsbezeichnung geknüpft sind. Das Heilmittelwerbegesetz gilt für Dich nicht, sehr wohl aber das UWG und TMG. 

 

Wichtig ist auch, dass Du wirklich Klienten ansprichst, die keine Störungen mit Krankheitswert aufweisen. Bei Dir sollte es um die Förderung von Ressourcen und um Optimierung der Lebensqualität gehen. Das heißt konkret: Eine Aktion „Besinnlicher Advent statt Weihnachtsstress“ ist erlaubt. Hingegen wäre „Jahreszeitlich abhängige Depression wirkungsvoll bekämpfen“ verboten. 

2. Die absolut unsinnigste Marketingstrategie für Coaches und Therapeuten

Gerne flattern rund um Black Friday, Valentinstag und Co Newsletter und Printmedien ins Haus, die große Rabatte versprechen. Minus 50 Prozent auf Parfüm. 25 Prozent auf Spielwaren. Das mag sinnvoll sein für physische Produkte. Oder auch noch für Onlinekurse, die bereits erstellt sind und mit denen ich keine weitere Arbeit habe. 

 

Was jedoch absoluter Schwachsinn, geschäftsschädigend und überhaupt nicht zielführend wäre, ist, Dein 1:1 Angebot zu rabattieren. Lass es also sein, Ende November eine Sitzung für 75 statt für 90 Euro anzubieten. Du musst dieselbe Leistung erbringen und dieselbe Zeit aufwenden. Wer sich 90 Euro als Selbstzahler nicht leisten kann, kann sich auch auf Dauer keine 75 Euro leisten. Die Leute, die sich die große Wunderheilung in einer Sitzung erwarten, möchtest Du gar nicht in Deiner Praxis haben. Und: Du willst keine Diskussion um Preise eröffnen. Warum das im November bei der Bekannten x nur so viel gekostet hat und ob das vielleicht ausnahmsweise auch im Februar ginge.

 

Lass es einfach. Es ist unternehmerisch ein großer Fehler!

3. Sinnvolle Strategien rund um Black Friday, Advent, Valentinstag und Co

Sinnvoll ist es auf jeden Fall, durch Aktionsmarketing an diesen besonderen Tagen des Jahres auf Dich als Person und auf die eigene Praxis mit ihrem besonderen Angebot, aufmerksam zu machen. Positiv ist auch jede Maßnahme, die dem Aufbau Deiner Community dient. Denn jeder Coach/Therapeut lebt auch von Mundpropaganda. Und je mehr Leute Dich und Dein Angebot kennen, schätzen und darüber erzählen, desto besser. Und natürlich wäre es optimal, wenn so eine – meist aufwändig geplante – Aktion Einnahmen generiert.

 

·        Halte einen Vortrag oder ein Webinar das thematisch zum Zeitraum passt und mit Deinem Angebot kompatibel ist: Angenommen Du arbeitest in Deiner Praxis viel mit dem Thema Stress und Entspannung und Du möchtest eine Adventsaktion starten. Halte doch einen Vortrag bei der Volkshochschule oder bei einer Selbsthilfegruppe darüber, wie man entgegen dem sonstigen Hetzen entspannt durch den Advent kommt. Du wirst erstaunt sein, wieviele Anfragen zur Zusammenarbeit danach kommen, selbst wenn Du nicht sofort ein Angebot machst.

·        Rabattiere ein kleines, fertiges, digitales Produkt. Quasi etwas, was eine Art Schnupperangebot ist, für jemanden, der Dich und Deine Arbeit kennenlernen möchte. Das kann eine Audiodatei sein. Ein Ebook. Oder auch ein Mini-Onlinekurs. Achtung: falls Du ansonsten freiberuflich tätig bist, prüfe ob Du dazu ein Gewerbe angemeldet haben musst.

·        Biete einen Adventskalender oder ein Rauhnachtsprogramm an. Wenn es um Listenaufbau geht kostenlos, wenn es darum geht, Umsatz zu generieren, gerne auch kostenpflichtig, allerdings dann sehr wertig.

 

·        Biete etwas an, was es nur im Aktionszeitraum gibt und was ansonsten nicht Teil Deiner regulären Praxisleistung ist. Zum Beispiel ein Gruppencoaching „Wohlfühlgewicht 2023“.

 

Und jetzt bist Du am Zug: Was passt zu Dir, Deiner persönlichen Art und Deiner Praxis? 

Wenn Du mal sehen möchtest, wie ich so eine Aktion aufziehe, dann schau Dir gerne meinen Adventskalender 2023 genauer an: Es geht um Must-have Tools - eine Bereicherung im Repertoire jedes Coach und Therapeuten

Adventskalender 2022 Metaphern, Märchen und Geschichten für Coaches und Therapeuten

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Kommentare: 1
  • #1

    Irene Huber (Samstag, 26 November 2022 08:54)

    Ein bereichernder Blog Beitrag, besonders die rechtlichen Aspekze, vielen Dank dafür!