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Herbstleuchtfeuer - So entzündest Du im Klienten ein Licht

Herbstleuchtfeuer - so entzündest Du im Klienten ein Licht

 

"Ich spüre nichts. Ich freu mich nicht. Ich bin nicht wütend. Mir ist alles gleichgültig." So beschreibt einer meiner Klienten seine aktuelle Depression, in der er bis zur Scheitelspitze versunken ist. Eine andere Klientin berichtet: "Mich umgibt einfach nur Grau. Wenn das Wetter so trüb ist, fangen auch die Gedanken an, dunkel zu werden. Dieser Herbstblues macht mich fertig." 

 

Oft ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Besserung, die "Symptomtrance" der Depression zu durchbrechen - am besten, indem der Klient etwas spürt. Indem er sich dafür entscheidet, das bisherige Denken und Fühlen zu hinterfragen und eine andere Regung zuzulassen. Als Therapeutin ist es meine Aufgabe, eine Möglichkeit zu finden, ein Licht im Klienten zu entzünden. Möglichkeiten wie das geht, möchte ich in diesem Artikel aufzeigen, der gleichzeitig mein Beitrag zur Blogparade "Herbstleuchtfeuer" von Susanne Heinen ist. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lebenswege mit Kreativität und Kunst bunter zu gestalten.

 

Die Inhalte dieses Artikels

Die Grundvoraussetzung um Deine Klienten emotional berühren zu können

Um Deine Klienten emotional erreichen zu können, braucht es erst einmal selbst eine gute Erdung und gute Verbindung zu Deinen eigenen Ressourcen. Was tut Dir gut? Was gönnst Du Dir gerade in dieser Jahreszeit? Was brauchst Du zum Wohlfühlen? Was füllt Deinen Akku wieder auf? Wer als Therapeut selbst durchhängt im Herbst, sollte erst einmal auf Selbstfürsorge setzen. 

 

Wenn ich es etwas poetisch ausdrücken darf, würde ich sagen:  Spüre selbst Licht, sei selbst Licht und strahle. Strahle so sehr, dass es die Klienten in Bann zieht. Dass sich etwas Glitzer im Leben übertragen darf, ganz natürlich - völlig ohne die Absicht, jemanden zwangszubeglitzern. In meinem Kopf entsteht gerade das Bild eines Animationsfilms. Ich denke an die Fortsetzung des Films "Trolls" wo Prinzessin Poppy versucht, ihrer Freundin Bridget, einer meistens miesgelaunten, dicklichen Bergen-Frau und ihrem Geliebten Feiertagsfreude vorbeizubringen. Mit Gesang, bunten Bildern und gaaaanz viel Glitzer. Dieser zu sehr aufgedrängte, überbordende Versuch, scheitert leider zunächst. Feinere Untertöne waren gefragt, um die freundschaftliche Beziehung zu retten. 

 

Viel unaufdringlicher ist es, selbst zu brennen. Zum Beispiel für eine angewandte Therapiemethode - in meinem Fall ganz häufig Hypnotherapie. Bist Du selbst überzeugt von dem was Du tust? Bist Du selbstsicher in Bezug auf Deine Rolle als Therapeut? Das gibt Deinen Klienten die Sicherheit, sich zu zeigen. Ja sogar, sich zuzumuten mit allen Symptomen und Zweifeln. 

Das perfekte Setting für Herbstleuchtfeuer

Um eine emotionale Reaktion Deines Klienten zu erreichen, braucht es bestimmte Rahmenbedingungen. Eine wichtige Sache dabei ist Zeit. Sorge dafür, dass zwischen Deinen Terminen eine Pause eingeplant ist, so dass nicht gleich der nächste Klient vor der Tür steht, falls Du wirklich fünf Minuten länger brauchst. Diese Ruhe überträgt sich und gibt dem Klienten den Raum, den er braucht. 

 

Sei mit voller Aufmerksamkeit und Achtsamkeit bei der Person. Das klingt so selbstverständlich. Aber wenn Du ganz ehrlich zu Dir selbst bist, denkst Du manchmal an den nächsten Termin. Dann meldet sich Dein Handy. Oder eine eigene Befindlichkeit steht im Weg. Mach Schluss mit "nur noch schnell" und sei ganz im Moment präsent. Eine kleine Atemübung oder ein festes Ritual hilft Dir dabei.

 

Gerade wenn ich mit Hypnotherapie arbeite, ist es unglaublich wichtig, Wirkpausen einzulegen. Minuten also, in denen ich schweige und in Präsenz den Raum für die Person halte. Darin entwickeln sich aus dem Unterbewusstsein heraus die wirklich wichtigen Dinge. 

 

In dieselbe Kerbe schlägt der nächste Tipp. Ich weiß viele Klienten lieben Musik. Da entspannt es sich so schön, vielen fällt es leichter, sich dabei wegtreiben zu lassen. Mein Credo ist: Musik tut gut. Stille tut besser.

 

Was ich zudem in Bezug auf das Setting wichtig finde: die Gestaltung Deiner Räumlichkeiten. Sie entscheidet darüber, ob sich der Klient wohl fühlt und wie schnell er deswegen eine Beziehung aufbaut, die auf Vertrauen und ja auch Sicherheit und Geborgenheit basiert. Nur dann gelingt es, emotionale Reaktionen zuzulassen.

Techniken um Deine Klienten emotional zu erreichen

Hypnotherapie ist mein Steckenpferd und deswegen natürlich meine Nummer Eins um Klienten emotional zu berühren. Techniken die ich dabei zum Beispiel anwende sind "Etwas was ich früher gut konnte/geliebt habe/schön fand", "Ein freudiger Moment aus meinem Leben",  "der Baum mit den Erinnerungen, die in Kristallkugeln gepackt sind" oder sehr dissoziiert "Schnee und Eis schmelzen, die Starre verschwindet". 

 

Unabhängig davon wende ich aber auch immer wieder andere Techniken an, mit denen sich Emotionen zaubern lassen. 

  • Märchen und Geschichten: Der große Vorteil daran ist, dass die meisten Klienten aus der Kindheit einen Bezug dazu haben. Märchen sind wie ein Buffet, aus dem sich die Personen das heraus picken, was gerade für das aktuelle Leben wichtig ist. Sie bieten Lösungsmodelle, vermitteln Hoffnung und schicken das Unterbewusstsein auf Suche. Wer mit Geschichten arbeitet, der sollte Ericksons Grundeinstellung teilen, dass jeder alles was er zur Lösung seiner Probleme braucht, bereits in sich trägt und es einfach nur ausgegraben werden muss. 

 

 

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  • Was auch perfekt zur Identifikation geeignet ist, sind My-friend-John Geschichten. "Ich erinnere mich gerade an einen Freund von mir, sein Name war John". Erzählt wird von einer Person, die in etwa so alt ist wie der Klient, in etwa ähnliche Probleme hat und wie derjenige es geschafft hat, sich aus seiner Lage zu befreien. Wer sich traut und zu wessen Stil es passt, Persönliches in der Therapie miteinzubindenkann natürlich auch eine eigene Geschichte erzählen, wenn es für den Klienten vonnutzen ist.

 

  • Auch die Kunsttherapie bietet Möglichkeiten für emotionale Erlebnisse. Gerne lasse ich Collagen fertigen zum Thema "Der, der ich war - der, der ich bin - der, der ich werde". Oder lasse ein aktuelles Gefühl malen und leite dann an, das Bild Stück für Stück in die gewünschte Richtung zu verändern. Danach folgt die Übertragung was zum Beispiel der lebendige rote Wirbel im echten Leben sein könnte. Sehr emotional ist die Arbeit, eine Tonmaske vom eigenen Gesicht anfertigen zu lassen, die im Anschluss "eine Stimme bekommt". 

 

  • Spannende Reaktionen habe ich bei meinen Klienten während einer Lachyoga-Stunde erlebt. Die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass "so tun als ob" denselben Effekt auf Körper und Psyche hat wie echtes Lachen. Deshalb erfand Dr. Madan Kataria im Lachyoga bestimmte Übungen, die auch wunderbar mit depressiven Klienten genutzt werden können. Weil das Training häufig in der Gruppe stattfindet und ziemlich ulkig aussieht und klingt, dauert es meist nicht lang, bis ein befreiendes Grinsen oder Kichern über die eigenen Lippen kommt.

 

  • Eine ganz andere Art, Emotionen zu erzeugen ist die Klangmassage. Klangschalen werden auf den bekleideten Körper aufgestellt und achtsam angeschlegelt. Der Klient muss nichts tun, er bekommt einfach etwas. Berührungen vor dem Aufstellen der Schalen, zum Beispiel an den Fußsohlen, haben schon oft zu Tränen gerührt. Genauso wie die Erfahrung, sich seit langem einfach mal gut im eigenen Körper zu fühlen.

 

Es gibt viele Möglichkeiten, in einer Person, der gerade das Spüren und der Zugang zu den eigenen Gefühlen verloren gegangen ist, ein Leuchtfeuer zu entzünden. Welche Technik nutzt Du dazu? Oft reicht es, einen kleinen, glimmenden Funken zu finden, der sich dann entzünden darf.

 

Welche Zeit würde sich besser dafür eignen, als die Vorweihnachtszeit? Diese magische Zeit im Jahr, die voller Traditionen steckt. Voller Kindheitserinnerungen, Sternenglanz und Kerzenlicht. Wenn Du Lust hast, Deinen Advent noch ein bisschen magischer zu machen und 24 "Leuchtfeuer"-Vorlagen haben möchtest, dann meld Dich an für meinen Adventskalender 2022.

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Kommentare: 1
  • #1

    Susanne Heinen (Montag, 31 Oktober 2022 20:46)

    Liebe Julia, ein toller und wichtiger Artikel mit so vielen interessanten Ansätzen, Danke. Märchen und Geschichten sind umgekehrt mein Steckenpferd, schön, dass wir da Gemeinsamkeiten haben. Herzliche Grüße, Susanne