Schreiben als Selbsterfahrung ist in. In meinem Artikel "Die heilsame Kraft des Schreibens - Psychologin lüftet 13 Geheimnisse" habe ich viel über die positiven Seiten des Schreibens berichtet. Jedoch gibt es keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Das ist überhaupt nicht schlimm, wenn Du darüber Bescheid weißt und Dich darauf einstellen kannst. In diesem Artikel geht es darum, welche Nebenwirkungen Schreibtherapie haben kann und was dann zu tun ist.
Die Inhalte dieses Blogartikels
2. Hängenbleiben in einem früheren State
3. Wann ist das Auftreten von Nebenwirkungen wahrscheinlich?
3. Wie lässt sich mit den Nebenwirkungen von Schreibtherapie gut umgehen?
1. Intensive Gefühle
Es gibt Schreibaufgaben, in denen man guten alten Bekannten begegnet. Ehrenwerten Hindernissen, wie es ein früherer Ausbilder von mir gesagt hätte. Themen eben, über die man schon Bescheid weiß. Die einen vielleicht nerven, die einen aber nicht mehr schockieren. Und dann gibt es die Schreibaufgaben, die große Gefühlsstürme auslösen. Der Schreibende sieht sich plötzlich mit großer Angst konfrontiert, die ihm beim Schreiben die Luft nimmt. Mit einer Trauer so stark, dass das Gewicht auf der Brust ihn zu erdrücken scheint und die Tränenflut nicht mehr zu stoppen ist. Mit einer Wut, die so mächtig ist, dass er die ganze Welt in Fetzen reißen könnte.
Diese intensiven Gefühle sind die besten Hinweise, dass da ein Thema ist, das näher angesehen werden will. Die Emotion darf erst einmal sein. Es ist nicht sinnvoll, sie wieder wegzuschieben (wie wahrscheinlich früher, als sie entstanden ist). Im Gegenteil. Sie darf von allen Seiten betrachtet werden wie ein sehr seltenes Insekt. "Angst/Trauer/Wut, Du bist echt unangenehm, aber danke, dass Du da bist. Ich möchte verstehen, was Du mir sagen willst und lernen, mit Dir gut umzugehen".
Das ist häufig leichter gesagt als getan. Denn die Emotion lässt einen tagsüber nicht los, macht einem schlaflose Nächte. Taucht die Welt in eine bestimmte Farbnuance. Andere Gefühle dringen kaum mehr durch. Andere verstehen nicht, was gerade mit einem los ist.
Versuch doch einmal, die Emotion als Vorlage zu nehmen, um weiter darüber zu schreiben. Wie fühlt sie sich an? Wenn sie ein Gegenstand oder ein Tier wäre, was wäre sie? Wenn die Emotion sprechen könnte, was würde sie sagen? Trau Dich, dranzubleiben und hol Dir gegebenenfalls Unterstützung (siehe Punkt 4).
2. Hängenbleiben in einem früheren State
Durch das Schreiben tauchst Du in Szenen aus Deiner Vergangenheit ein. Du verbindest Dich damit, was Du siehst, hörst, riechst, fühlst, schmeckst. Es ist, als wärst Du mittendrin. Deine Gedanken kreisen. Du befindest Dich völlig in diesem alten "State", diesem Zustand von früher. Du fühlst Dich...
- wie als Kind mit zehn Jahren kurz vor der Mathearbeit, in der Erwartung, sie zu versemmeln
- wie als Jugendlicher im ersten Liebeskummer
- wie als Erwachsener, dem gerade völlig zu unrecht gekündigt wurde
Mitunter kann es passieren, dass Du so intensiv eintauchst, dass es schwierig ist, wieder vollständig ins erwachsene Hier und Jetzt zurückzukehren. Dir fällt es schwer, Dich auf Deinen Alltag zu konzentrieren. Deine Arbeit zu verrichten. Deine Kinder zu betreuen. Ständig kehren Deine Gedanken zurück in die Vergangenheit. Du erlebst hohen Leidensdruck, bekommst das Thema aber nicht gelöst. Spätestens an diesem Punkt ist es sinnvoll, sich professionelle Unterstützung zu holen.
3. Wann ist das Auftreten von Nebenwirkungen wahrscheinlich?
Grundsätzlich gilt: Je früher im Leben das Ursprungsproblem beheimatet ist, desto intensiver kann die Schreiberfahrung sein. Je traumatischer das Erlebte (für das Kind, den Jugendlichen oder den Erwachsenen), desto emotionaler kann es werden. Je stärker verdrängt das Thema war, desto überraschter und somit unvorbereiteter ist man.
Nebenwirkungen sind auch dann wahrscheinlich, wenn Du von Deiner Persönlichkeitsstruktur her sehr empfindsam bist. Wenn Du sehr selbstreflektiert bist und dazu neigst, viel in Frage zu stellen. Und auch dann, wenn Du Dich besonders stark einlässt, Dich sehr intensiv mit diesem einen Thema auseinandersetzt, kann es zu Nebenwirkungen kommen.
4. Wie lässt sich mit den Nebenwirkungen von Schreibtherapie gut umgehen?
Nebenwirkungen sind für mich überhaupt nichts Schlimmes. Im Gegenteil. Sie funktionieren ähnlich wie die Erstverschlimmerung in der Homöopathie, die anzeigt, dass das richtige Mittel gefunden wurde, das wirkt. Nebenwirkungen sind Teil des Heilungsprozesses. Hinspüren - Annehmen, was ist - Bewusstwerden von Zusammenhängen - Integrieren - Heilen. So würde ich die Schritte beschreiben.
Und trotzdem können Nebenwirkungen extrem unangenehm sein. So unangenehm, dass sie sich nicht alleine aushalten und meistern lassen. So schwierig, dass sie selbst mit Hilfe von Partnern oder Freunden nicht auszulenken sind.
Deshalb empfehle ich, dass Du Dich in intensiven Selbsterfahrungsprozessen mit Schreibtherapie professionell unterstützen lässt. Du schreibst alleine - Du reflektierst gemeinsam. Du bekommst eine neue Schreibaufgabe, die Dich weiterbringt. Du bearbeitest die dabei entstehenden Emotionen gemeinsam.
So ist sichergestellt, dass Du Dich nicht völlig überforderst. Mit einem Profi an Deiner Seite, drehst Du Dich nicht schreibend im Kreis, sondern weißt, dass Du voran kommst.
Ich unterstütze Dich...
....wenn Du als Coach oder Therapeut eigene Themen bearbeiten möchtest.
- Weil sie in der Arbeit mit Klienten aufgetaucht sind
- Weil sie Dich daran hindern, eine eigene Praxis zu betreiben
- Weil sie vielleicht immer schon da waren, aber jetzt gerade Deiner weiteren Entwicklung im Weg stehen
Kommentar schreiben